Freitag, 22. Juni 2018

Very British

Cherbourg - Guernsey 47,2 sm, gesamt 721,7 sm


Der Wecker klingelt um 0430h. Dementsprechend ist es noch dunkel. Aber wenn wir unseren Plan umsetzen wollen, müssen wir um 0530h den Hafen verlassen, um rd. zwei Stunden später bei Hochwasser beim Cap de la Hague zu sein. (Der Name ist vielen sicherlich durch die Wiederaufbereitungsanlage von Atombrennstäben geläufig. Vom Wasser aus ist eine riesige Insdustrieanlage zu erkennen.) Dann segeln wir mit der ablaufenden Tide nach Guernsey. Die Wettervorhersage ist hervorragend: Wind NNW um 4 Bft, Sonne.

Wir starten zur geplanten Zeit "mit dem ersten Büchsenlicht" und haben einen wunderschönen Sonnenaufgang direkt an einem der Forts, das einen Schutzwall fast 2 sm vor dem Hafen von Cherbourg begrenzt.


Nach knapp zwei Stunden Segeln sind wir am Cap. Allerdings fängt das Wasser bereits an abzulaufen. Dies sorgt für erhebliche Wasserbewegungen, die kreuz und quer laufen und als Wellen kaum zu erkennen sind. Es kommen vollkommen unvorhersehbar chaotisch aus allen Richtungen Wasserwände auf den nun ganz kleinen Häwelmann zu, dessen rd. acht Tonnen Gewicht hin und her geworfen werden. Der Bug fällt krachend und scheppernd in Wassertäler. Zwei Wasserberge laufen einfach vom Bug bis zum Heck über Deck. An "geordnetes" Segeln ist kaum zu denken. Vielmehr steuern wir irgendwie durch das brodelnde Wasser. Dieses Phänomen nennt man "Races", und diese sind in den entsprechenden Handbüchern auch sehr bildhaft und mit deutlichen Warnungen beschrieben. Sie entstehen durch die extremen Stömungsgeschwindigkeiten des Wassers an Kaps und Meeresengen sowie über einem sehr unebenen Meeresboden, der Wasserwirbel und sich auftürmende stehende Wellen verursacht. Etwaiger gegen die Strömung wehender Wind tut sein Übriges. Segler wissen, dass Wellen auf dem Foto vom Boot aus kaum zu erfassen sind. Dennoch ein Versuch:


Beim Blick auf den Plotter zeigt dieser eine Fahrt über Grund von bis zu gut 11kn an. Wir merken nichts davon. Nach 15 Minutan können wir den Kurs ändern und binnen kürzester Zeit ist der Spuk vorbei. Für die folgenden viereinhalb Stunden folgt Segeln vom feinsten unter blauem Himmel, wärmender Sonne und angenehmem Wind aus der richtigen Richtung.

Navigatorisch ist die große Fragestellung dieses Törns: Wie lange werden wir das ablaufende Wasser mit uns haben, bevor die Tide kentert und wir durch Gegenströmung des Wassers ausgebremst werden? Sind wir zur richtigen Zeit in Cherbourg gestartet? Sind wir nicht zu langsam? Unser Plotter zeigt durch die Vernetzung mit allen anderen Systemen an, welchen Kurs wir über Grund segeln und errechnet daraus die Strömungsrichtung. Diese wird auf dem Bildschirm mit einem Pfeil dargestellt. Daher können wir gut erkennen, wie sich der Strömungsverlauf ändert. Die Faurbys sind gute schnelle Segler, so dass wir erst kurz von der Inselenge zwischen Guernsey und Herm in der Einfahrt "Little Russel" den Motor zur Unterstützuug anstellen, damit wir noch mit dem Rest ablaufenden Wassers den Hafen St. Peter Port erreichen. Dies gelingt auch punktgenau, so dass wir letztlich für zwei Stunden an einem Warteponton festmachen, bevor wir mit dem zwei Meter tief gehenden Kiel vom Häwelmann über die Mauer fahren können, die das Hafenbecken bei Niedrigwasser vor dem Leerlaufen schützt.


Der Hafen ist ausgewiesen für Schiffe bis 1,80 Meter Tiefgang. Auf die Frage des Hafenmeisters, ob es etwas ausmachen würde, wenn das Schiff bei Niedrigwasser mit dem Kiel in den Schlick auf dem Hafengrund einsinken würde, verneinen wir. Dementsprechend liegen wir zeitweise sehr ruhig ...

Im Rahmen des ersten Stadtrundganges gibt es dann -very british- ein Guiness im Pub.


Eines ist für Mitsegeler Sven!!!

Darüber hinaus haben wir einen 25-Stunden-Tag, da die Uhrzeit in Guernsey mit der in GB gleich ist.

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