Dienstag, 23. Oktober 2018

Funchal und Umgebung

Funchal/Madeira, 0 sm


Funchal ist die Hauptstadt des Madeira-Archipels.


Sie ist ein lebendiger von Hotel- und Kreuzfahrttouristen und wenigen Yachties (Liegeplatzmangel, wir haben uns mehrere Tage vor dem Start von Porto Santo angemeldet) gern besuchter Ort.


Sie verfügt über eine mit vielen Grünanlagen und Skulpturen angelegten Promenade, der Avenida do Mar, entlang der Waterfront.

Avenida do Mar mit Plätzen zum Verweilen
Blick auf Avenida do Mar vom Vorschiff des Häwelmanns
Zur Waterfront gehören das lange Kreuzfahrtterminal, das mehrere Kreuzfahrtschiffe gleichzeitig aufnehmen kann, zwei Yachthäfen, die hauptsächlich einheimischen Yachten vorbehalten sind und deshalb nur über wenige Gastplätze verfügen


und ein Teil der Altstadt, der im alten Fischereiviertel endet. Hier reiht sich wie im Yachthafen ein Restaurant an das nächste. Diese Flaniermeile haben wir schon mehrfach abgelaufen und jedesmal etwas Neues entdeckt, wie z.B die kunstvoll bemalten Holz-Haustüren.


Parallel dazu etwas weiter in den Ort hinein gibt es die ebenso breite und mit viel Grün angelegte Avenida Arriaga, die Hauptgeschäftsstraße mit vielen schönen, aber auch einigen verfallenen Gebäuden.


Auch hier haben wir gern viel Zeit verbracht und den Park sowie viele Sehenswürdigkeiten erkundet.


Eine Verbindung von Praktischem und Sehenswertem ist der Mercado Munizipal, in dem vorwiegend einheimische Produkte und Fisch angeboten werden. Allerdings sollte man wegen des gehobenen Preisniveaus beim Einkauf vorsichtig sein - Touristenpreise...!


Das Stadtgebiet von Funchal kennen zu lernen ist leicht zu Fuß möglich. Aber als wir uns auch Sehenswürdigkeiten an den Berghängen anschauen wollen, stoßen wir an unsere konditionellen Grenzen. Alle Straßen und die wenigen Gehwege führen steil bergan, und es erscheint uns ewig zu dauern diese bis zu unseren Zielen zu erklimmen. Wie gut, dass Vorsorge getroffen wurde! So können wir eine Kabinenseilbahn nutzen, die uns in 15-minütiger Fahrt in den Stadtteil Monte (560m ü.NN) bringt und uns herrliche Ausblicke beschert.


Hier besichtigen wir die Wallfahrtskirche Nossa Senhora do Monte


und erfahren, dass hier der letzte österreichische Kaiser Karl I beigesetzt wurde, der hier im Exil lebte und an einer Lungenentzündung verstarb.



Sein schlichter schwarzer eisener Sarg und ein Gemälde zeugen davon.


Da wir uns nicht vorstellen können zu Fuß die gesamte steile Strecke bergab zu gehen, suchen wir nach Alternativen:
mit der Gondel abwärts - zu einseitig,
Taxi- zu altbacken, also:
Korbschlitten fahren!
Unterhalb der Wallfahrtskirche können wir beobachten wie sich Touristen schwungvoll in einem Korbschlitten sitzend von zwei Fahrern die steilen Straßen und Kurven 2 km abwärts rutschen lassen und gekonnt um vorbeifahrende Pkws herumgelenkt werden.


Nach einigem Zögern (u.a. wegen des Fahrtpreises von € 30,-) wagen wir dieses einmalige Erlebnis, das es nur hier auf Madeira in Funchal gibt. Die rasante Fahrt ist wirklich einmalig! Aus einer althergebrachten Transportmöglichkeit von den Hängen in die niedriger gelegenen Regionen ist eine Touristenattraktion geworden:


Für die nächsten fünf Tage kaufen wir uns Tickets für "YELLOW BUS". Wir können damit entlang der Südküste Madeiras beliebig oft bergauf und bergab fahren und an jeder Haltestelle aus- und wieder einsteigen. Wir fahren nach Camara de Lobos, einem Ort, deren Bewohner von Fischfang und ein wenig Bootsbau leben.


Die malerische Umbegung und die Lage in einer Felsenbucht täuschen leicht darüber hinweg, dass in dem immerhin zweitgrößten Ort der Insel auch echte Armut herrscht. Um den Hafen herum beleben Restaurants das Zentrum. Hier verbringen Fischer ihre Zeit mit Kartenspiel.


Auch Sir Winston Churchill malte die Szenerie des Hafens mit seinen bunten Fischerbooten während seines  Madeira-Aufenthaltes zum Jahreswechsels 1949/1950 von einer kleinen Terrasse aus.



Unser nächstes Ausflugsziel ist das Cabo Girao (Kap der Umkehr), 13 km westlich von Funchal. Es zählt mir einer Höhe von 580m über NN zu einer der höchsten Klippen der Welt. Wir trauen uns auf die Aussichtsplattform und den gläsernen Boden (durch den allerdings nicht viel zu sehen ist - müsste mal wieder geputzt werden). Gigantisch sind die Ausblicke von dort auf Madeiras Küsten und die bebauten Hänge. Wir sind schon etwas über den Wolken und erleben innerhalb kürzester Zeit, dass die vom Atlantik heranziehenden Wolken uns in Nebel hüllen und die Aussicht verhindern. Ebenso schnell ist die Sicht nach wenigen Minuten wieder frei. Ein beeindruckendes Naturschauspiel!


Funchal bei Nacht:

Durch die Beleuchtung wird die Bebauung am Hang deutlich.
Kreuzfahrerer laufen zu jeder Zeit ein.


Mittwoch, 17. Oktober 2018

Inselwechsel

Port Santo - Funchal/Madeira 41,8 sm, gesamt 2.200,1 sm


Leslie ist weiter gezogen, der Atlantik hat sich um das Madeira-Archipel herum beruhigt und damit verbreitet sich Aufbruchstimmung im Hafen. Montag Morgen, 15.10.2018, um 0900h klingelt das Telefon und wir bekommen einen Liegeplatz in Funchal angeboten: Platz Nr. 32 im neuen Hafenteil.


Diese sind ausgesprochen rar und daher freuen wir uns sehr. Allerdings haben wir damit erst für Dienstag gerechnet. Wir sind nicht kurzfristig auslaufklar, um noch bei Helligkeit in Funchal anzukommen. Um 1930h ist Dämmerung und ab 2000h ist es dunkel. Daher vereinbaren wir unsere Ankunft für Dienstag, 16.10.2018. Der überaus freundliche Hafenmeister Rafael sichert uns zu, dass er den Platz auch bis Dienstag noch für uns freihalten kann. Das gibt uns die Gelegenheit, vor dem Start noch einmal Wäsche zu waschen und uns zu verproviantieren. Abends gehen wir noch auf Abschiedsrunde durch den Hafen und besuchen Yachties, mit denen wir die letzten drei Wochen hier geklönt und den einen oder anderen Wein getrunken haben.

Am Dienstag um 0945h werden die Leinen gelöst. Noch im Vorhafen packen wir alle Leinen und Fender weg und setzten das Grosssegel. Wir segeln aus dem Hafen, rollen das Vorsegel aus und gleiten im Schutz der Küste mit Kurs rw 220° neuen Zielen entgegen.



Erst bei der Ilheu de Baixo endet der Schutz von Porto Santo und wir bekommen die ca. 2,5 Meter hohe Atlantikdünung mit einer langen Frequenz von 13 Sekunden zu spüren.


Zum Glück haben wir Windstärke 4 Bft. aus Nord. So machen wir  6 bis 7 Knoten Fahrt über Grund und der Häwelmann liegt recht stabil in den Wellen. Es ist immer wieder spannend zu beobachten, wie die Wellenberge auf das Schiff zugerollt kommen und es sich zuverlässig rechtzeitig immer wieder hebt und die Wassermassen unter dem Rumpf hindurchlaufen. Nur vereinzelt kommt etwas Spritzwasser an Deck. Unser Autopilot „Sir Henry“ versieht seinen Dienst erneut hervorragend und behält auch bei über 8 kn Fahrt und entsprechenden Wellen die volle Kontrolle. Nur Barbaras Magen gerät trotz Vitamin C kurzfristig einmal außer Kontrolle. Nach kurzer Zeit ist aber wieder alles o k und wir genießen weiterhin die sonnigen Abschnitte bei leichter Atlantikbewölkung, den frischen Wind, das tiefe Blau des bis zu 2.700 Meter tiefen Wassers sowie die schnelle Fahrt unseres Häwelmann.


Hochrechnungen unseres Plotters der voraussichtlichen Ankunftszeit (für Fachleute „ETA“= Estimated Time of Arrival) sollen wir gegen 1700h in Funchal sein, was eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 kn bedeutet. Ein guter Schnitt bei entspanntem Segeln. Zügig kommt Madeira näher.



Gut zu sehen sind die dichte Bewölkung auf der Luv- (=Wind) Seite, die in den Berggipfeln hängenden Wolken und die sonnige Lee (=Wind-abgewandte) Seite der Insel.



Beeindruckend ist die Bebauung an den hohen Hängen, die steil zum Meer abfallen.


Selbst der Flughafen ist an den Hang gebaut, so dass die Flugzeuge im Landeanflug eine Kurve auf den Berghang zu fliegen, um dann auf einer Landebahn mit Verlängerung auf Stelzen über dem Meer auszurollen.



Erst bei dem Ponta do Garajau haben wir so viel Windabdeckung vom höchsten Bergmassiv von Madeira (ca. 1.800 m), dass wir die Segel herunternehmen und die letzten zwei Meilen bis zum Hafen unter Motor zurücklegen.


In dieser Zeit tuchen wir die Segel auf und bereiten das Anlegen vor. Dank Sir Henry alles ganz entspannt.

Wie vorausberechnet sind wir um 1700h am reservierten Liegeplatz fest. Barbara verschwindet erstmal für 45 Minuten mit dem netten und hilfsbereiten Hafenmeister Rafael, um die Formalitäten zu erledigen: Anmeldung bei Hafenbüro und GNR (Polizei) sowie Besichtigung der wichtigsten Stationen (Dusche etc.). Ich packe währenddessen die Segelsachen weg, Decke die Persenninge über
die Segel und spüle das Salz ab (ganz wichtig!!!), da sich auch so schon selbst auf V4A Rost bildet.

Wir erfrischen uns mit einem Bad im sauberen Hafenwasser und anschließender Süsswasserdusche unter dem Schlauch.

Mit einem Altstadtbummel beschließen wir diesen herrlichen Tag.

Samstag, 13. Oktober 2018

Leslie

Sturm auf Porto Santo, 0 sm

Wir haben die ganze Zeit herrlichstes Sommerwetter gehabt. In der Sonne ist es heiß, alle Aktivitäten  werden auf den späten Nachmittag verschoben. Die Wassertemperatur ist mit 24° überraschend warm geworden und lädt immer wieder zur Erfrischung ein.


Es ist aber klar, irgendwann muss es uns auch erwischen, so herrlich unkompliziert kann es auf Dauer nicht bleiben. Fünf Monate haben wir jetzt schon Sommer. Beim Klönschnack mit anderen Seglern rückt auf einmal dasThema Wetter in den Mittelpunkt mit dem Hinweis, dass sich ein tropischer Sturm irgendwo auf dem Atlantik gebildet habe, dessen Zugrichtung noch unklar sei. Daher wird seit Tagen gerätselt: Welche Zugbahn nimmt ,,Leslie“? Erst am Freitag, 12.10.2018, wird in den Online-Wetterdiensten durch die Animationen deutlich, dass „Leslie“ Porto Santo nur streifen und nördlich an uns vorbeiziehen und nicht wie vorher errechnet über uns hinwegziehen wird. Erleichterung macht sich überall breit.

(Porto Santo ist die "4" im Bild)


Wir gehen am Freitag Nachmittag noch schwimmen und bemerken, dass die Wellen bereits deutlich höher geworden sind. Der Sturm schickt seine Wellen voraus. 


Deshalb bringen wir noch zusätzliche Leinen und Fender aus. WWir nehmen alle Segelpersenninge und das Bimini ab, um möglichst wenig Angriffsfläche für den Wind zu bieten.


Der Freitag Abend ist absolut ruhig. Wir genießen das spontane Barbecue auf der Mole und die Unterhaltung mit den anderen Seglern. Wir können uns an diesem lauen Abend alle nicht vorstellen, dass es hier einige Stunden später stürmen soll. 

Nachts ab 0400h nimmt der Wind deutlich zu, wir wachen auf und checken die Leinen. Mit einigen weiteren Unterbrechungen des Schlafes, stehen wir aber ganz normal auf. Niemand lässt zur Zeit sein Schiff allein. Gegen 1500h erreichen Wind und Wellen hier ihren Höhepunkt mittlerweile ist High Tide. Problematischer als der Wind (ca. 6 Bft.) und die Fallböen (ca. 8 Bft.) ist die Dünung, die sich auf der freien See aufbaut und das Wasser im Hafen steigen und fallen lässt. Diese bringt die gesamte Steganlage in Bewegung, an der die festgebundenen Schiffe in ihrem eigenen Rhythmus schaukeln. Somit entstehen gegenläufige Kräfte und Stege und Schiffe zerren aneinander. Hinzu kommt, dass unser seitlicher Fingersteg für unsere Schiffslänge eigentlich zu kurz ist und von den nach oben über die Schiffskante laufenden Festmacherleinen aus dem Wasser gehebelt wird. Von 1430h bis 1630h sind wir und alle anderen Segler damit beschäftigt, die Schiffe zu bändigen. Zeitweise läuft bei uns der Motor im Rückwärtsgang, damit wir nicht gegen den Steg gedrückt werden.


Ab 1700h nehmen Wind und Fallböen von den Bergen deutlich ab und die Ebbe setzt ein. Jetzt sorgt nur noch der Wellengang im Hafen für unkomfortables Liegen und knarrende Leinen.
Es wird wohl noch eine unruhige Nacht werden. Abends nieselt es etwas. Die Temperatur ist deutlich gesunken. In den Online-Nachrichten lesen wir die Sturmwarnungen für die portugiesische Küste. Wir hoffen für die Bewohner, dass sie wie wir hier auf Porto Santo glimpflich davonkommen.