Sonntag, 17. März 2019

Alles von vorn - von San Miguel nach Santa Cruz de Tenerife

San Miguel - Santa Cruz de Tenerife, 36,0 sm,
gesamt 2.829,6 sm


Der Törn nach San Miguel ist sehr abwechslungsreich gewesen. Wir haben ihn hinsichtlich der Windstärken nachvollzogen und festgestellt, dass wir die gesamte Zeit den Wind in der vorhergesagten Böenstärke hatten. Wir haben daraus gelernt, dass wir uns zukünftig nach der vorhergesagten Windstärke der Böen richten werden, nicht wie bisher nach der mittleren Windstärke.

Für unser Weiterkommen bedeutet dies, dass wir zunächst drei Tage in San Miguel bleiben, bis sich der Wind etwas beruhigt (haben soll). San Miguel liegt exponiert an einem Küstenabschnitt, der häufig von der vollen Seewindstärke getroffen wird. Der Hafen ist durch hohe Mauern gut geschützt.


Wir verbringen die Zeit mit Spaziergängen: Vom Hafen aus einmal links herum in die Golf-Ressorts,


sowie in die anschließenden noch unbebauten Gebiete,


und einmal rechts herum entlang der Promenade vorbei an (machmal recht eigenwilligen) Hotels und Appartementhäusern.


Viel mehr ist hier auch nicht zu entdecken.


Am Freitag, 15.03.2019, starten wir bereits um 0750h, da morgens und vormittags noch gemäßigte Windbedingungen vorherrschen sollen: NE 3-4 Bft. Für die erste Stunde bis zum Punta Montana Rojo trifft dies auch zu.


Nach Rundung des roten Felsens erwischt uns der NE mit 6-7 Bft. (wie für die Böen vorhergesagt) und entsprechenden Wellen genau von vorn. Schneller als 2000 rpm lassen wir den Motor nicht laufen, da bei höheren Drehzahlen und somit Bootsgeschwindigkeit der kleine Häwelmann derart in die Wellen krachen würde, dass es nicht auszuhalten wäre. So erreichen wir eine Geschwindigkeit von nur 2,2 kn über Grund, manchmal auch weniger, selten mehr. Dies bleibt so für die nächsten fast vier Stunden. Sir Henry hat Pause, da ich die Wellen doch besser aussteuern kann.


Eine schöne Unterbrechung sind wieder einmal Delfine, die sich in Lee des Häwelmann unserer geringen Geschwindigkeit durch’s Wasser anpassen. Wir haben fast den Eindruck, sie ruhen sich ein wenig aus. Bestimmt eine halbe Stunde lang begleiten sie uns.


Um 1230h haben wir den Leuchtturm Punta de Abona querab.


Nach einer weiteren Stunde haben wir 17,3 sm auf der Logge und damit innerhalb von 5 1/2 Stunden erst die Hälfe der Strecke geschafft. Es macht sich endlich ein wenig Landabdeckung bemerkbar, indem Wellen und Wind (NE 5 Bft.) etwas abnehmen. Nun kann Sir Henry seinen Dienst aufnehmen. Die Geschwindigkeit ü.G. steigt auf 4 kn und der Plotter zeigt schon hochgerechnete voraussichtliche Ankunftszeiten (ETA) vor Sonnenuntergang an!!! So vergehen bei sukzessive weiter abnehmendem Wind und niedrigerer Welle die weiteren 4 Stunden.


Um 1830h nach insgesamt 10 ½ Stunden gegenan motoren sind wir in der Marina Santa Cruz fest. Da bleibt nur noch Zeit, den Häwelmann von einer dicken Salzkruste zu befreien und anschließend selbst eine heiße Dusche zu genießen.

Da für die kommende Woche durchgehend Acceleration-Wind bis 8 Bft. angesagt ist (in Böen natürlich, aber die sind ja Dauerzustand, wie wir gelernt haben),


werden wir nun ein paar Tage hierbleiben.

Mittwoch, 13. März 2019

Step by Step

Wir haben fast vier Wochen auf La Gomera verbracht, länger als anfangs geplant. Es ist uns nicht langweilig geworden, da -wie bereits beschrieben- die Insel sehr abwechslungsreich ist und wir mit Kathrin und Peter von der Florentine nette Gesellschaft und gemeinsame Ausflüge gehabt haben. 

Allerdings ist auch die Reparatur der Decksdurchführung der Vorsegel-Rollanlage fällig geworden. Schon bei den Rollmanövern während der letzten Segeltage machen sich ein schon bekanntes Ruckeln und Schwergängigkeit bemerkbar, welche auf defekte Lager in der Decksdurchführung schließen lassen. Wir kennen dies leider, da die Anlage schon einmal deswegen zur Reparatur war. Kathrin und Peter erwarten Besuch aus München von Johanna – für uns die Gelegenheit einer problemlosen Ersatzteilversorgung. Denn die Kanaren sind nicht EU, sondern ein durch die Zugehörigkeit zu Spanien angegliedertes Außengebiet der EU mit eigenen Zoll- und Steuerbestimmungen. Es ist unter Seglern bekannt, dass Pakete schon mal so lange im Zoll hängen bleiben können, dass sie ihren Empfänger deutlich verspätet oder gar nicht erreichen, da sie zurückgeschickt statt einklariert werden.

Nach vielen Telefonaten und Mails mit dem Hersteller der Rollanlage gelingt es, dass wir am Freitag, 01.03.2019, mit der Ankunft von Johanna unser Ersatzteil bekommen. Vielen Dank Johanna, du hast und toll geholfen!


Vorbereitend sind bereits das Vorsegel abgeschlagen, das Rigg entlastet und stattdessen mit Fallen nach vorn abgestützt sowie das Vorstag von der Rollanlage gelöst und beiseite gebunden.


So dauern der Austausch und neuer Riggtrimm nur 3 ½ Stunden. Das Vorsegel kann bei der Gelegenheit gut kontrolliert und eine kurze Naht nachgenäht werden. Bei der nächsten Flaute ein paar Tage später wird es wieder gesetzt.



Immer wieder diskutieren wir in dieser Zeit auf La Gomera unseren weiteren Törnverlauf: 
> Wie erreichen wir am besten die Küste Portugals, möglichst die Algarve?
> Sollen wir noch nach La Palma?
> Sollen wir von La Palma bei entsprechendem Wetterfenster direkt nach Madeira/Porto Santo?
> Sollen wir wieder nach Lanzarote für einen besseren Windwinkel und Ausgangspunkt nach Madeira/Porto Santo?
> Von La Palma nach Madeira/Porto Santo ist es fast genauso weit wie von dort nach Lanzarote, rd. 260 sm. Lohnt sich der ,,Umweg"?
Im Ergebnis entscheiden wir uns dafür, dass wir zunächst bis Arrecife auf Lanzarote segeln, um von dort den Absprung Richtung Portugal zu bekommen. Mit entscheidend ist, dass lt. den Routenempfehlungen in der Fachliteratur die beste Zeit für die Fahrt zur portugiesischen Küste die Monate April und Mai sind. Daher wäre eine Überfahrt jetzt zu früh. Wir haben also noch genügend Zeit, um es uns hier auf den Kanaren noch einige Wochen weiterhin gut gehen zu lassen.


Wir sind am Sonntag, 03.03.2019 wieder segelklar. Ein Blick in die Windvorhersage zeigt uns allerdings, dass für die kommenden Tage zwischen den Inseln mit Starkwind zu rechnen ist: Die Acceleration-Zones sind deutlich zu erkennen. Das Bild zeigt lediglich die durchschnittliche Windstärke, noch nicht die Böen.


So entscheiden wir uns, gleich noch eine weitere Woche zu bleiben und den Karneval zu erleben (siehe vorheriger Blogbeitrag). Der starke Wind sorgt allerdings auch dafür, dass von den Bergen und vom Strand feinster schwarzer Sand und Staub herangeweht kommen und zielgenau auf dem Häwelmann niedergehen. Trotz Säuberung quillt noch tagelang aus allen möglichen Ecken und Beschlägen an Deck Schwarzes hervor.




San Sebatian de La Gomera – San Miguel/Teneriffa 28,5 sm,
gesamt 2.793,6 sm



Nach fast vier Wochen auf La Gomera laufen wir am Montag, 11.03.2019, aus San Sebastian de La Gomera aus. Im Yachthafen ist es fast windstill. Wir holen uns über VHF das OK von der Harbour Port Control zum Auslaufen. Um 1100h verabschieden uns Kathrin und Peter und lösen unsere Festmacher. Nach 30 Minuten unter Motor setzt sich NE-Wind Stärke 4 durch. Das Wasser voraus ist deutlich mit Schaumköpfen übersäht. Wir rechnen also mit noch mehr Wind und rollen daher lediglich das Vorsegel aus. 


Mit halbem Wind entfernen uns mit rd. 6 kn Geschwindigkeit über Grund von der Insel. Mit zunehmendem Abstand von La Gomera ändert sich die Windrichtung immer weiter bis auf NW. Die Ablenkung durch die hohen Berge von La Gomera und Teneriffa sorgt für die Winddrehung und Böen bis 28 kn, Bootsgeschwindigkeit bis 8,5 kn ü.G. Da gönne ich Sir Henry gern eine Pause und übernehme die Pinne lieber selbst. 


Um 1430h haben wir die Windabdeckung von Teneriffa erreicht. Das Vorsegel wird eingerollt und der Motor gestartet. Gut eine Stunde später ein vollkommen anderes Bild: Wind E 5-6 Bft und entsprechende Wellen – also alles „auf die Nase“. Es wird eine mühsame schaukelige Fahrt, bis wir um 1700h die Hafeneinfahrt von San Miguel passieren. 


Nun liegen wir längsseits an einer unbewohnten Motoryacht mit Blick auf den Teide – ruhig als wäre nichts gewesen.

Dienstag, 12. März 2019

Karneval in San Sebastian de La Gomera

La Gomera, 0 sm


,,Carnaval San Sebastian de La Gomera"

In unseren Erinnerungen an La Gomera wird immer auch die Karnevalszeit vom 22.02. bis 10.03.2019 bleiben. Die Gomeros haben verschiedene Highlights in ihre Carnaval-Zeit eingeplant, die wir uns aus einem extra für diese Zeit angefertigten Flyer mit Peters Spanischkenntnissen heraussuchen konnten. 


Meist zu viert oder zu fünft stürzen wir uns ins Getümmel, das im leicht erreichbaren Ortskern und am Hafen stattfindet.


Samstag, 02.03.2019, ,,Gran Coso del Carnaval"

Bereits als wir den Yachthafen verlassen, begegnen uns schon viele verkleidete und unverkleidete Menschen, die den Karnevalsumzug begleiten wollen. Wir suchen uns mit vielen anderen einen Standort in der breiten Fußgängerzone aus, um den Zug beobachten zu können. Von weitem hören wir bereits lautes Trommeln. Etwas später erkennen wir die Karnevalskönigin in ihrem roten monströsen Kostüm, das von einem rollenden Untergestell, das für uns unsichtbar ist, getragen wird. Freundlich winkend und lächelnd schreitet sie auf uns zu.



Es ist schon sehr beeindruckend für uns Norddeutsche diese Veranstaltung mitzuerleben. Etwas später entdecken wir die Kinderkarneval-Prinzessin und die zweitplatzierte Königin in Pink auf einem großen Wagen. Unmittelbar vor uns stoppt der Zug, die Spitze des Zeltes unter dem die Prinzessin steht, hat sich in einer Oberleitung verfangen. Helfer eilen herbei und es kann weitergehen.


Was uns besonders gefällt sind die vielen Familien, die sich unter einem bestimmten Motto kostümiert haben, z.B. Bienenkorb mit Bienenschwarm, Köche oder Clownsfamilie, alle haben viel Spaß, wobei dieser etwas verhaltener ist, als bei uns in der 5. Jahreszeit.


Vielleicht liegt es daran, dass keine ,,Karamelle“ fliegen. Sogar der Samba-Rhythmus der Trommler heizt den Zuschauern nicht so richtig ein. Einmal fange ich spontan an zu tanzen und mitzuklatschen und erhalte sofort ein Thump-up von einem Trommler. 


Der Umzug endet auf der Plaza de Las Americas. Die bunten Wagen parken entlang der
Uferpromenade,


und die Party geht mit viel lauter Musik unter dem großen Festzeltdach auf dem Platz bis in die frühen Morgenstunden weiter. Wir genießen noch eine Weile das Treiben und ziehen uns dann zum Absacker auf die Florentine zurück.


Rosenmontag, 04.03.2019, ,,Dia de los Polvos de Talco"

Auf diesen Tag freuen wir uns alle schon ganz besonders! Für das Fest heute verkleiden sich die Gomeros ganz in weiß und möglichst im Kolonialstil. Wir haben gehört, das mit dieser Bekleidung die Kolonialbürger aus Südamerika zurück nach La  Gomera und La Palma kamen und sich sehr arrogant gegenüber den Einheimischen verhielten. Hinzu kam, dass sie Ureinwohner als Bedienstete mitbrachten. Deshalb verkleidet sich meist ein Mann als dralle Dunkelhäutige mit Afrokrause in bunter Frauenkleidung. Das besondere an diesem Fest ist, dass das Weiß durch verstauben von Babypuder noch verstärkt wird. Tage vorher hat Kathrin uns schon mit Babypuder ,,bewaffnet“! Klar, dass wir da mitmachen! 

Bereits am Nachmittag erhalten wir Whatsapp -Nachrichten und ein Foto von unseren Segelfreunden Doris und Kalle von der Blue Sun und Martina und Christian von der Tiger Blue. Sie befinden sich auf La Palma und dort ist das Pulverfest bereits tagsüber in vollem Gange. 


Das steigert unsere Vorfreude, denn wir beide sowie Kathrin, Peter und deren Besuch Johanna aus München müssen uns noch bis 1930 Uhr gedulden. Wir haben uns keine weißen Spitzenkleider und Hüte gekauft, ziehen aber helle Kleidung an, damit wir uns dazugehörig fühlen. Ove will sich lieber raushalten - wenn der wüsste...;) Peter ist unser Fotograf und bewaffnet sich mit einer ,,alten“ Kamera. Vielen Dank für die stimmungsvollen Fotos! Diesmal gehen wir alle zum Kirchplatz, dort hören wir schon lateinamerikanische Rhythmen die Straße herunterschallen, auch die ersten großen Staubwolken sind im Licht der Straßenlaternen gut zu sehen. 

Dann ist es soweit: Der Zug zieht an uns vorbei, und das Babypuder fliegt auf uns zu. Übermütige schütten uns Unmengen in die Haare oder klopfen es auf unseren Schultern in die Kleidung ein, da müssen wir uns wehren, und wir pulvern mit. Was natürlich zur Folge hat, dass sich die ,,Angriffe" vermehren. Über der ganzen Szenerie schwebt der Duft des Puders. Auch Ove bleibt nicht verschont und muss einen Angriff, der ihn von hinten überrascht, über sich ergehen lassen. Egal - dabeisein ist alles. 


In diesem Umzug ziehen auch weiß gekleidete Musiker mit Gitarre, Akkordeon und Trommeln mit. Uns umgibt eine tolle ausgelassene Stimmung.

Unser Fotoreporter Peter ,, mittendrin"
Der Zug stoppt wieder auf der Plaza de Las Americas. Die Party findet diesmal aber nicht unter dem Zeltdach statt, sondern vor einem eingeschossigen historischen Gebäude vor dem sich eine mehrköpfige Band positioniert hat. Schon nach den ersten Klängen wird getanzt was das Zeug hält und zwar unter dicken Benjaminficusbäumen ....  und Staubwolken. Denn natürlich wird kräftig weiter gepudert. Kostenlos werden weitere Mengen an Babypuder verteilt, damit das Stauben pausenlos weitergehen kann. Wir sehen Menschen mit Mundschutz, was wir gut nachvollziehen können. Gegen 2230 Uhr endet nach zwei Zugaben! die Musik und damit die ausgelassene Tanzparty. Pulvern geht aber auch ohne Musik ....


Wir brauchen eine Trinkpause und Peter und Kathrin spendieren einen kräftigen Rumcocktail.


Danach schlendern wir zurück zum Yachthafen und klettern ins Cockpit. Dort ist Klamotten ausziehen angesagt und anschließend wird zu später Stunde geduscht – so verstaubt kommt niemand in den Salon und in die Koje!
Die Party an Land geht wieder weiter bis in die frühen Morgenstunden. Am nächsten Tag sind ständig die Waschmaschinen in der Laundry belegt und auf vielen Schiffen wird auffallend viel Kleidung getrocknet.

Der Punder schlägt sich auch auf unserem Bimini nieder.




Freitag, 08.03.2019, ,,Tradicional Entierro de la Sardina"

Was bei uns in Deutschland der Aschermittwoch ist, ist hier der Freitag mit der ,,Beerdigung" der Sardine am Strand. Diesmal treffen sich alle Umzugsteilnehmer in dunkler Trauerkleidung. Wir fünf gehen wieder zum Kirchplatz und warten dort auf die aufgebahrte Sardine und den Trauerzug. Auch dieser Zug wird von Trommlern begleitet, die natürlich langsam und monoton auf ihre Trommeln schlagen und den Zug zum Strand begleiten. 


Hinter der Sardine schreiten in eleganter Trauerkleidung Männer und Frauen, die ihrer Trauer um die Sardine laut und geräuschvoll Ausdruck verleihen. 


Ein männliches Klageweib (im Trauerkleid) klagt so hysterisch, dass andere sie/ihn mit einem Schluck Alkohol zu beruhigen versuchen. Ein Mann in Kirchentracht trägt eine pinke Plastikschüssel und bespritzt mit einer Schöpfkelle die Umstehenden mit Wasser. 


Es gibt viel Kurioses zu entdecken und wir reihen uns schluchzend in den Marsch bis zum Strand mit ein.



Hier verteilen sich alle auf der Promenade, keiner darf wegen des Funkenflugs auf den Strand. Es ist recht windig und böig.


Noch einmal heftiges Aufschluchzen, als die bunte Pappmaschee-Sardine in Feuerwerk und Rauch aufgeht.


Zum krönenden Abschluss gibt es noch ein lautes buntes Feuerwerk, das im Winde verweht. 


Was für erlebnisreiche Tage gehen nun zu Ende. Wir werden ein wenig wehmütig. Auch unser Abschied von La Gomera, unserem südlichsten Ziel unserer Reise, rückt unweigerlich näher. Und wir planen unseren Rückweg.... .