Freitag, 10. Mai 2019

Von Porto Santo nach Portimao


Porto Santo - Portimao/Portugal 465 sm
gesamt 3.672,8 sm



Am frühen Donnerstagbend, 02.05.2019, bekommen wir von unserem Wetterrouter Sebastian die Aussichten für den Törnverlauf. Wir segeln auf längeren Strecken eher zurückhaltend - also lieber einmal früher reffen oder später wieder ausreffen usw. Daher haben wir die durchschnittliche Bootsgeschwindigkeit für das Routing auf 5 kn zurückgesetzt. Das Wetterrouting lässt die Vorfreude auf die kommenden Tage steigen:

Die Wetterlage sieht sehr sehr gut aus.
Heute ist es zwar noch recht windig, doch morgen nimmt der Wind stark ab, denn das winderzeugende Tief zieht langsam nach Osten ab.
Gleichzeitig kann sich das Azorenhoch etwas in die Biskaya erstrecken und somit dreht auch der Wind etwas.
Das ist sehr günstig, denn aus NE bis N wird morgen und dem Linksdreher mehr NW. Unter diesen Bedingungen geht es dann auf direktem Wege in Richtung Portimao.
Zwar pendelt der Wind immer etwas, aber meist bleibt er auf der Richtung NW stehen und weht um 4 Bft.
Auch hier pendelt er ab und an, so dass er mal 5 Bft, aber auch mal 3 Bft erreicht.
Sollte er zeitweise zu spitz einfallen (am 4.5.), dann gerne etwas abfallen, denn am 5.5. dreht er wieder zurück und es kann wieder auf direkten Kurs gehen.
Wettergefahren drohen keine, einzig die Dünung kann auf den ersten Meilen noch etwas höher sein, nimmt aber rasch ab.
Bessere Bedingungen gibt es also kaum für den Absprung zurück ans Festland Europas.
Streckenwetter:
LEGENDE: Zeit [UTC] | Position [LAT LON] | Windrichtung | Windstärke [bft] | Böen [bft] | Wellenhöhe [m] | Wellenperiode [s] | Dünungsrichtung [°] | Luftdruck [hPa] | Temperatur (2m) [°C] | sign. Wetter | Strömungsrichtung [°] | Strömungsgeschwindigkeit [kts]
Fri 03/05/2019
10:00 | 33°03.3' N 16°18.9' W | NNW | 4-5 | 5 | 1.8 | 8.0 | NNE | 1016 | 16 | bedeckt | 96 | 0.10
10:30 | 33°03.2' N 16°15.5' W | NNW | 4 | 5 | 1.8 | 8.0 | NNE | 1016 | 16 | bedeckt | 76 | 0.07
12:00 | 33°07.9' N 16°07.4' W | NNW | 4 | 5 | 1.9 | 8.0 | NNE | 1016 | 17 | bedeckt | 94 | 0.14
18:00 | 33°27.0' N 15°34.3' W | NNW | 4 | 5 | 2.0 | 8.0 | N | 1015 | 17 | wechselnd bewölkt | 110 | 0.16
Sam 04/05/2019
00:00 | 33°45.9' N 15°01.0' W | NNW | 3-4 | 5 | 1.8 | 8.0 | N | 1017 | 17 | wechselnd bewölkt | 115 | 0.44
06:00 | 34°05.2' N 14°26.6' W | NNW | 4 | 5 | 1.8 | 8.0 | N | 1015 | 17 | gering bewölkt | 330 | 0.35
12:00 | 34°23.6' N 13°53.2' W | N | 3 | 5 | 1.5 | 8.0 | N | 1017 | 16 | wechselnd bewölkt | 182 | 0.23
18:00 | 34°41.3' N 13°20.5' W | N | 3 | 4 | 1.4 | 8.0 | N | 1017 | 17 | wechselnd bewölkt | 229 | 0.24
Son 05/05/2019
00:00 | 34°58.6' N 12°48.3' W | NNW | 3-4 | 4 | 1.4 | 8.0 | N | 1018 | 16 | bedeckt | 294 | 0.65
06:00 | 35°15.4' N 12°16.3' W | NW | 4 | 4-5 | 1.4 | 7.0 | NNW | 1017 | 15 | bedeckt | 240 | 0.39
12:00 | 35°31.9' N 11°44.6' W | WNW | 3-4 | 4-5 | 1.2 | 7.9 | NNW | 1020 | 16 | bedeckt | 160 | 0.37
18:00 | 35°49.2' N 11°10.6' W | NW | 4 | 4-5 | 1.2 | 7.0 | NNW | 1019 | 16 | bedeckt | 101 | 0.43
Mon 06/05/2019
00:00 | 36°07.6' N 10°34.0' W | NW | 4-5 | 5 | 1.4 | 7.0 | NW | 1021 | 16 | bedeckt | 24 | 0.48
06:00 | 36°26.1' N 9°56.5' W | NW | 3 | 5 | 1.3 | 8.0 | NW | 1021 | 15 | bedeckt | 201 | 0.15
12:00 | 36°42.7' N 9°22.0' W | NW | 3 | 3-4 | 1.0 | 8.0 | NW | 1023 | 15 | wechselnd bewölkt | 63 | 0.41
18:00 | 37°00.8' N 8°44.0' W | NW | 4 | 5 | 0.5 | 4.7 | W | 1021 | 16 | wolkenlos | 121 | 0.30
20:04 | 37°06.8' N 8°31.3' W | NW | 3 | 5 | 0.4 | 2.6 | WNW | 1021 | 17 | wolkenlos | 116 | 0.19
ETA: Mon 06/05/2019 20:04
Zusammenfassung:
Reisestrecke: 453.90 nm
Reisezeit: 82:04:33 h

Freitag, 03.05 2019
Wir legen um 1020h ab. Nach dem üblichen Verstauen von Fendern und Leinen wird noch im Hafen das Großsegel vorsichtshalber im 1. Reff gesetzt. Die Wind- und Wellensituation auf freier See ist an der Leeküste nicht gut einzuschätzen, und ausreffen ist leichter als einreffen. Immer wieder treffen wir auf Flautenlöcher oder Fallböen in Lee der Insel, so dass bis zum Verlassen der Windabdeckung von Porto Santo der Motor langsam mitläuft. Auf dieser kurzen Strecke von 3,2 sm wollen wir keine Zeit verlieren. Um 1100h rollen wir die Genua 3 aus und stellen den Motor ab.

Der Wegepunkt an der SW-Ecke des breiten Verkehrstrennungsgebietes (rd. 40 sm, fünf "Fahrspuren" für die Berufsschiffahrt) ist mit rw 60° zu erreichen. Sir Henry wird per Knopfdruck aus dem Schlaf geweckt und macht sofort seinen Job. Die folgenden vier Tage wird er ununterbrochen Kurs halten und uns nach Portugal steuern. Es ist sehr komfortabel, eine gut funktionierende zuverlässige Selbststeuerung sowie eine reichhaltige Akkukapazität zu haben. So sind wir auch bei Segelmanövern immer beide voll einsetzbar.

Evtl. werden wir das Verkehrstrennungsgebiet nachts erreichen und wollen es dann nicht queren, sondern lieber umfahren - mit dem großen Vorteil, dass uns selbst die dicksten Pötte ausweichen müssen, ggf. auch ein Containerriese von 400 Metern Länge. Vorweggenommen - das funktioniert übrigens hervorragend. Dies liegt sicherlich auch an der guten Sichtbarkeit des Häwelmann:
> AIS-Transponder (läuft Tag und Nacht)
> aktiver Radarreflektor (läuft Tag und Nacht)
> nachts eine Dreifarbenlaterne (Navigationsbeleuchtung als Zeichen, dass es sich bei uns um einen Segler handelt) auf dem Masttop also in ca. 18 Metern Höhe,
> und wenn der Captain dann noch nicht reagiert, wird er per UKW-Seefunk von uns angerufen und das Ausweichmanöver "abgestimmt". Dazu kann auch gehören, dass wir ein Schiff passieren lassen, indem wir z.B. unsere Fahrt verlangsamen.


Der Wind weht frisch und die Wellen sind noch recht mächtig. Unter der Küste läuft die See unregelmäßig, da sie von der Insel abgelenkt wird. Nach einer Stunde ist der Abstand zu Porto Santo groß genug und es stellt sich heraus, dass wir mehr Segel tragen können, damit der Häwelmann ruhiger durch die Wellen zieht und um schneller voranzukommen - also ausreffen. Für den Start haben Barbara und ich jeweils eine Tablette gegen Seekrankheit genommen (Vomex A). Diese macht uns träge, so dass wir den Tag überwiegend im Cockpit oder in der Koje liegend verbringen. Übelkeit entsteht aber nicht.  Wer im Cockpit liegt hat Wache und muss regelmäßig Ausschau halten. Wir tragen dann immer eine Schwimmweste und sind mit dem Safetybelt angeleint. Wer in der Kajüte auf der Salonkoje liegt, kann schlafen. Wir wechseln immer mal den Standort. Um 2045h geht die Sonne unter.


Bevor es ganz dunkel ist, stecken wir für die Nacht wieder ein Reff ins Großsegel. Wir segeln dann zwar ein wenig langsamer, sind aber auf ggf. zunehmenden Wind besser vorbereitet. Die Nacht wird bewölkt und daher sternenlos. Es ist wenige Tage nach Neumond und zappenduster.

Sonnabend, 04.05.2019
Der Wind hat sich über Nacht auf NNW 3-4 Bft. eingependelt. Der Seegang ist deutlich geringer geworden. Um 0900h wird das "Nachtreff" ausgeschüttet. Um 1030h notieren wir ein Etmal von 121sm.

Auch diesen Tag verbringen wir außer für Segelmanöver überwiegend dösend im Cockpit oder in der Koje. Wir sind zwar nicht seekrank, doch offensichtlich hat die Tablette ausgebremst und wir haben uns auch am zweiten Tag auf See nicht richtig "eingeschaukelt". Der Wind nimmt zeitweise auf lediglich 2 Bft. ab und dreht verschiedentlich. Das Segeln wird mühsam, aber wir haben noch viele Meilen vor uns, die wir mit unseren Diesevorräten nicht zurücklegen könnten.

Sonntag, 05.05.2019
Um 0320 h ist der Wind eingeschlafen. Wir haben jetzt 196 sm zurückgelegt. Es hilft nichts - der Motor muss ‘ran. Leider kann uns ja keiner sagen, wie lange die Flaute andauert. Zur Senkung des Dieselverbrauchs läuft der Motor nur mit 1.500 rpm und bringt den Häwelmann auf 4,5 kn. Das reduziert unser Etmal: 103 sm. Wir sind heute wacher, wir haben uns eingeschaukelt. Der Tag ist sonnig und warm.


Die Flaute und das glatte Wasser ermöglichen uns, Wale, Schilkkröten und Seevögel zu beobachten. Beeindruckend!!!


Auch bekommen wir Besuch von einem geschwächten Vogel. Nach einer halben Stunde Erholung startet er wieder.


Der Motor brummt. In meinem Kopf laufen diverse Rechenspiele ab über Dieselverbrauch und -vorräte, eine nicht richtig anzeigende Tankuhr (vor der Reise erneuert, hat keine zwei Monate gehalten), noch vor uns liegende Distanzen usw. Denn: Wie lange hält die Flaute an? Es wird dunkel. Meine Nachtwache unter sternenklarem Himmel ist wunderbar. Die Sterne erstrecken bis hinunter an den Horizont und spiegeln sind im Atlantik. Ich bekomme Besuch von Delfinen, die bläulich-weiß fluoreszierende Bahnen im Wasser hinterlassen. Auch die Bugwelle des Häwelmann sowie sein Kielwasser werden durch die entsprechende Algenart verursacht. So geht es nahtlos in den

Montag, 06.05.2019
über, bis Barbara mich um 0730h ablöst. Um 0900h tanken wir 30 Liter Diesel aus den Reservekanistern nach. Wir sind fit und haben uns an das Bordleben auf See gewöhnt. Auch das vorbereitete Essen schmeckt heute viel besser.


Das bislang noch als Stützsegel gegen Schaukeln stehende Großsegel bergen wir um 0930h. Wegen der Schiffsbewegungen durch die Atlantikdünung schlägt es und rüttelt am Mast des Häwelmann. Um 1030h notieren wir ein Etmal von 104 sm. Hochgerechnet würden wir demnach am Mittwoch Nachmittag in Potimao ankommen - sofern der Diesel reicht. Anderenfalls können wir nur so lange unter Motor fahren, bis die letzten 10 Liter für Hafenmanöver aufgespart sind. Ein Segelversuch wird nach 1 1/2 Stunden abgebrochen, wir haben gerade eben 6 sm in dieser Zeit zurückgelegt... Es ist noch viel Geduld erforderlich, bis sich um 1454h das Wasser kräuselt und der Wind zurückkommt!!! Segeln ist wieder möglich!!!

Im Laufe des nachmittags setzt sich NW um 4 Bft durch. Herrlich, diese Ruhe, nur Wasserrauschen. Barbara übernimmt die erste Wache in die kommende Nacht hinein.


Bei weiterhin guter Geschwindigkeit werden wir nachts um 0130h den Wegepunkt am Verkehrstrennungsgebiet erreichen, und dann stehe ich rechtzeitig auf und übernehme.

Dienstag 07.05.2019
Um 0000h ist meine Nachruhe vorbei. Barbara weckt mich und verlangt ein Reff im Großsegel. Ich bleibe danach wach und Barbara kann ihre Nachtruhe früher als geplant antreten. Um 0210h haben wir den Wegepunkt 1 und damit die SW-liche Ecke des Verkehrstrennungsgebiets erreicht.


Der neue Kurs nach Portimao ist jetzt rw 40°. Für mich wird es eine abwechslungsreiche Nacht. Interessant ist immer wieder zu beobachten, wie die großen Schiffe uns mit ausreichendem Abstand passieren.


Der Wind nimmt langsam wieder ab, so dass ich um 0620h das Großsegel ausreffe. Um 0715h läuft der Motor wieder - Flaute. Ab 1000h ist im Dunst das Festland Portugals in Sicht.


Das Etmal um 1030h: 125 sm. Um 1300h sind wir am Reception-Ponton in Portimao fest, checken im Marina-Office ein und verholen an den Liegeplatz.

Wir sind gut ausgeruht in Portimao angekommen. Am Nachmittag tuchen wir die Segel auf, waschen die Salzkruste von Häwelmann sowie den Segeln, wischen vom Kajütboden die Salzspuren und Krümel weg und richten uns wieder für den Hafenbetreib ein.


Es bleibt sogar noch Zeit für einen Gang und an den schönsten Strand der Algarve, Praia da Rocha, sowie einen Sundowner mit Blick auf den Atlantik. Wir freuen uns, dass uns die Rückfahrt zum europäischen Festland so komfortabel gelungen ist.

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