Donnerstag, 6. Mai 2021

Segeln von Funchal/Madeira nach Portimao/Portugal

Funchal/Madeira - Portimao/Portugal 518,0 nm 
gesamt 2. Sabbatical 2.009,9 nm 
seit Start in Hamburg insgesamt 5.983,6 nm 


Auf der Überfahrt hatten wir insgesamt fünf GPS-Ausfälle. Daher gibt es keinen durchgehenden Track und keine Angaben zu Etmalen. Die vielen Kurven zeigen die Winddrehungen, die durch aktives Steuern ausgeglichen wurden. Selbst die eine oder andere Wende haben wir gefahren, weil der Wind so stark drehte.



"Vesselfinder"-Screenshot von den letzten 50 Meilen am Rande des Verkehrstrennungs-
gebietes "Cap Sao Vicente" bis Portimao. Gut zu sehen sind die AIS-Signale
der Berufsschiffahrt (Dreiecke auf der Karte) in den jeweiligen "Fahrbahnen".

Nach zehn Tagen im sehr ruhigen und fast leeren Hafen ,,Quinta do Lorde" und nach weiteren zehn Tagen im volleren und belebteren Hafen in Funchal heißt es Abschied nehmen von der Blumeninsel Madeira.
Es zeichnet sich ein Wetterfenster von fünf Tagen ab, das wir nutzen wollen, um ans Festland nach Portugal zu kommen. Dafür müssen wir dann zwar auf ,,Porto Santo", der kleinen, sonnigen ,,Schwester-Insel von Madeira", verzichten, aber das Nutzen von geeignetem Wetter ist uns wichtiger. Curious: Wir starten an demselben Datum wie 2019, dem 27.04., diesmal ein Dienstag. Vorbereitend haben wir wieder alle Dieselkanister aufgefüllt, wofür sich inbesondere Barbara eingesetzt hat. Für mich ist die Wettervorhersage so, dass wir überwiegend segeln werden und gar nicht so viel Diesel für die Restzeit unseres Sabbaticals benötigen werden. Dass es anders kommen wird, war da noch nicht absehbar. Auch die möglichen unterwegs zuzubereitenden Speisen werden verproviantiert, Wasser getankt, Grabbag mit Sicherheitsausrüstung gepackt und alle Sachen im Schiff seesicher gestaut. Von unserem Wetterrouter von der Wetterwelt in Kiel, Sebastian Wache, lassen wir uns Montag Abend ein Routing für die kommenden fünf Tage zuschicken:

Hallo ihr zwei, alles in allem sieht es sehr gut aus. Das Tief bei Portugal, das für mächtig Wind gesorgt hat, zieht nun langsam ab und schwächt sich vor allem deutlich ab. Somit startet ihr morgen nur noch in den Restwinden des Tiefs und die sind sehr moderat mit etwa 12 bis max 16 kn aus NW. Allerdings sind immer mal ein paar Windlöcher dabei. So richtig stabil weht er nicht. Zum Mittwoch hin beginnt er dann etwas auf Nord zu kippen. Dann wird er wohl auch zu spitz einfallen auf dem direkten Kurs. Daher vermute ich, dass ihr bei etwa 33°N etwas abfallen müsst auf etwa 34°N 13°W oder noch etwas tiefer. Am 29.4. wird sich der Wind dann wieder etwas mehr auf NW orientieren. 
Spätestens aber, wenn die Tiefdruckrinne des alten Tiefs bei Spanien nochmal etwas an Kraft gewinnt am 30.4. mit den letzten Schauern. Dann frischt der Wind stärker auf, kommt aber konstanter aus NW.
Im Anschluss zum 1.5. hin setzt sich dann immer mehr das neue Hoch von Westen her durch und sorgt so mit seinem Keil für einen deutlichen Linksdreher auf W bis SW, wenn im Norden noch ein Tief durchrutscht.
Solltet ihr also anfangs noch etwas mehr abfallen müssen, dann könnt ihr das hinten raus wieder gut machen.
Aber viel Luft bleibt dann nicht mehr, denn ab dem 2.5. sorgt das wieder erstarkenden Hoch bei den Azoren für einen sich immer besser einstellenden Passatwind aus N bis NE.
Somit wäre es schon gut zum 1.5. einzulaufen.
Sturm ist aber mit dem Passat noch nicht zu erwarten.
Es wäre noch eine machbare Kreuz.

Alles in allem habt ihr für die Strecke recht gute Bedingungen.

Streckenwetter:

LEGEND: Time [UTC] | Position [LAT LON] | wind dir | wind force [bft] | gust force [bft] | wave height [m] | wave period [s] | swell direction [°] | barometric pressure [hPa] | temperature (2m) [°] | sign. weather | current direction [°] | current speed [kts]

Tue 27/04/2021
10:00 | 32°38.4' N 16°54.5' W | N | 1-2 | 4 | 0.4 | 3.5 | NNW | 1014 | 17 | scattered clouds | 184 | 0.10
10:45 | 32°37.7' N 16°50.1' W | N | 2 | 4 | 0.4 | 3.9 | NNW | 1014 | 17 | scattered clouds | 172 | 0.17
12:00 | 32°40.7' N 16°44.4' W | N | 3 | 4-5 | 0.3 | 2.5 | NNW | 1014 | 18 | scattered clouds | 181 | 0.30
18:00 | 32°55.0' N 16°17.8' W | NNW | 4 | 4-5 | 1.1 | 7.1 | NNW | 1012 | 18 | few clouds | 327 | 0.47
23:20 | 33°09.1' N 15°51.0' W | NNW | 3-4 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1013 | 18 | scattered clouds | 359 | 0.59

Wed 28/04/2021
00:00 | 33°10.0' N 15°47.0' W | NNW | 3 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1013 | 18 | scattered clouds | 0 | 0.60
06:00 | 33°18.4' N 15°11.1' W | NNE | 3-4 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1011 | 17 | few clouds | 132 | 0.29
12:00 | 33°26.0' N 14°37.4' W | N | 3 | 4-5 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1014 | 17 | few clouds | 183 | 0.74
18:00 | 33°33.2' N 14°04.6' W | NNW | 3 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1013 | 18 | few clouds | 290 | 0.39

Thu 29/04/2021
00:00 | 33°40.3' N 13°31.9' W | N | 3 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1014 | 17 | scattered clouds | 210 | 0.37
03:38 | 33°44.5' N 13°12.2' W | NNW | 3 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1012 | 17 | few clouds | 236 | 0.33
06:00 | 33°51.3' N 13°03.3' W | NW | 2-3 | 4 | 1.2 | 8.0 | NNW | 1012 | 17 | few clouds | 262 | 0.37
12:00 | 34°10.0' N 12°38.8' W | NW | 2-3 | 4 | 1.2 | 8.0 | N | 1014 | 16 | few clouds | 341 | 0.37
18:00 | 34°30.0' N 12°12.3' W | N | 3 | 4-5 | 1.1 | 8.0 | N | 1013 | 16 | few clouds | 206 | 0.18

Fri 30/04/2021
00:00 | 34°47.2' N 11°49.1' W | NNW | 3-4 | 4-5 | 1.0 | 7.0 | N | 1014 | 17 | few clouds | 152 | 0.04
06:00 | 35°06.3' N 11°23.2' W | NNW | 4 | 5 | 1.1 | 7.0 | NNW | 1013 | 15 | few clouds | 44 | 0.26
12:00 | 35°26.5' N 10°55.4' W | NNW | 4 | 5 | 1.0 | 7.0 | NNW | 1015 | 16 | sky clear | 95 | 0.56
18:00 | 35°46.6' N 10°27.3' W | NNW | 3-4 | 4-5 | 1.0 | 7.0 | NNW | 1015 | 16 | scattered clouds | 118 | 0.56

Sat 01/05/2021
00:00 | 36°06.4' N 9°59.3' W | NW | 3 | 4-5 | 1.0 | 7.0 | NNW | 1016 | 16 | few clouds | 166 | 0.43
06:00 | 36°25.1' N 9°32.4' W | WNW | 2-3 | 4 | 0.9 | 7.0 | NNW | 1015 | 16 | few clouds | 299 | 0.46
12:00 | 36°43.8' N 9°05.2' W | WSW | 3 | 3-4 | 0.7 | 7.7 | NW | 1017 | 16 | scattered clouds | 237 | 0.24

ETA: Sat 01/05/2021 19:20

Habt einen schönen Törn und viele Grüße,
Sebastian

Damit ist klar: Es wird ein reiner Am-Wind-Törn. Das bedeutet ständige Schräglage von 20° bis 30° des Häwelmann, d.h. Turnen und Abstützen bei jeder Handlung oder Bewegung, die man ausführen möchte. Das wird sportlich, aber es sind für einen Rücktörn von Madeira ans Festland typische Bedingungen.

Am Dienstag, 27.04.2021, lösen wir um 0830h die Leinen vom Steg in der Marina und motoren im Windschatten der Insel für 1 1/2 Stunden, bevor wir aus der Abdeckung kommen und Segel setzen. Wir haben wunderbare Ausblicke auf Funchal und die Insel.





Wir sind ein wenig wehmütig, denn wir wissen: Aufgrund unserer weiteren Planung werden wir in den kommenden drei bis vier Jahren wohl nicht wieder nach Madeira kommen.

Während der Überfahrt zeigen sich der Atlantik sowie das Wolken- und Wetterbild auch Tageszeit abhängig sehr unterschiedlich.
 





Der Tagesablauf wird mit Segelmanövern (Ein- und Ausreffen) und wegen des starkt drehenden Windes und des Am-Wind-Kurses mit Rudergehen (Steuern) gefüllt. Der Autopilot würde zwar auch am Wind gut steuern, jedoch kann er Winddreher nicht ausgleichen. Er steuert entweder nach Wegepunkt oder nach Kurs. Warum die Steuerung über die Windfahne im Mast nicht funktioniert, bleibt noch herauszufinden.




Nur selten kreuzen Frachter unseren Weg.



Das Wachegehen kann unterschiedlich wahrgenommen werden.



Essenversorgung und Kochen funktionieren unterwegs nur nach dem Motto: "Eine Hand für dich, eine Hand für die Pfanne". Gegessen wird aus tiefen Tellern oder Schalen, damit nichts herausrutscht.


Auf dem Weg ans Festland liegen einige Hindernisse. Eine "Untiefe" von 1.123 Metern macht sich im Unterschied zu den umliegenden Wassertiefen von 3.000 bis über 4.000 Metern mit ungleichmäßigen konfusen Wellen durchaus bemerkbar. Auch "Seemounts" von 86 Metern oder 56 Metern umfahren wir. Es gibt weiter nördlich eine "Seeneedle", die bis 20 Meter unter die Wasseroberfläche reicht.

Nach gut drei Tagen auf See ereilt uns die erste und einzige Regenböe mit 22 kn Wind. Es gibt einen Knall, ein Ruck geht durch Mast und Schiff und das Großsegel rutscht am Mast herunter und fällt nach Lee an Deck und teilweise ins Wasser. Nach einem ersten Schreck die Analyse: Das Großfall (Dyneema) ist am Fallschäkel gerissen. Die Reste der Leine sind im Mast verschwunden. Also wird als nächstes, natürlich im Regen, das Großsegel eingesammelt und auf dem Großbaum festgebunden. Mit dem Vorsegel allein können wir nicht weitersegeln - nach Durchzug der Regenböe ist dafür zu wenig Wind und die Wellen werfen den Häwelmann aus dem Kurs.


Wir stellen den Motor an und rollen das Vorsegel zur Stabilisierung teilweise aus. So erreichen wir eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 kn. Die nächsten 120 nm bis zum Hafen wird das so bleiben - 24 Stunden Brummen des Motors und ein Geschaukel, dass wir fast aus der Koje rollen. Barbara ist erstaunlich seefest! Hauptsache ist: Wir sind unversehrt, der Schaden ist nicht existenziell, unsere Ankunft ist sicher. Unterwegs tanken wir zweimal Diesel nach. Gut, dass wir genug Diesel dabeihaben!!!



Am Samstag, 01.05.2021, erreichen wir morgens um 0400h die SE-Ecke des Verkehrstrennungsgebiets "Cap Sao Vicente" . 


Die AIS-Signale von Schiffen in der Fahrbahn sind gut zu erkennen und wir erleben eine aktive UKW-Funk Überwachung: Ein  Gefahrenguttransporter wird von der Verkehrsleitzentrale aufgefordert, auf die für Gefahrengut extra vorgesehene richtige Fahrbahn zu wechseln. Für uns eine wichtige Erfahrung:
1. Unsere Seefunkanlage funktioniert gut, der Funkverkehr ist ungestört mitzuhören.
2. Regelungen bzgl. Verkehrstrennungsgebiete beachten (z.B. im Falle der Querung).


Als wir den Festlandssockel erreichen, auf dem Plotterbild gut erkennbar an den dicht beieinanderliegenden Tiefenlinien, mehren sich die AIS-Signale von Fischern. Hier steigen die Fische aus größeren Tiefen auf und können gefangen werden.


Dichter in Richtung Festland flaut der Wind ab und die Wellen werden flacher. Wir motoren entspannt auf Portugal zu.


Portimao in Sicht:


Am Sonnabend, 01.05.2021 sind wir um 1530h am Receptionponton fest, checken im Marinabüro ein und verholen auf unseren Liegeplatz. 

Wir klaren den Häwelmann auf und begutachten den gerissenen Dyneema-Kern des Großfalls.


Wir bleiben jetzt erstmal ca. 2 Wochen in Portimao, um das Fall wieder in den Mast einzuziehen, einige Überholungsarbeiten zu erledigen und um das Hafen- und Strandleben zu genießen. Als erstes folgt allerdings eine Kletterprobe als Vorbereitung, um bis an das oberste Ende des Mastes zu gelangen.




Wie wir das Fall erfolgreich in den Mast einfädeln, folgt gesondert im nächsten Blogbeitrag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen