Samstag, 8. September 2018

Nachttour

Nazaré - Oeiras/Lissabon, 76,1 sm, gesamt 1.673,3 sm


Die Rahmenbedingungen und damit die navigatorischen Überlegungen 
> Nach einer Woche in Nazaré wollen wir gern weiter.
> Für die kommenden 5 Tage ist weiterhin nur wenig Wind vorausgesagt.
> Es gibt nur einen Hafen auf der Strecke von Nazaré nach Oeiras. Das ist Peniche.
> Die Beschreibungen der Liegemöglichkeiten in Peniche sind so, dass wir dort nicht hin möchten:
>> Nur wenige Liegeplätze längsseits am Steg!  
>> Warnung vor hohen Wellen durch andere Schiffe!
>> Yachten sollten mit dicken Fendern geschützt und mit starken Leinen vertäut werden!
>> Segelyachten sollten, sofern sie längsseits im Päckchen liegen, so versetzt festmachen, dass die
      Masten im Schwell der vorbeifahrenden Schiffe nicht aneinanderstoßen oder verhaken können!
>> Die Schilder mit der Höchstgeschwindigkeit im Hafen von 3 Knoten werden ignoriert!
> Bei Helligkeit von morgens um 0700h bis zum Dunkelwerden um 2000h ist die Strecke für uns
    nicht zu schaffen.
>  Bei Dunkelheit in Nazaré auslaufen bedeutet, bis ca. 3 Meilen Abstand von der Küste erreicht
    sind, durch dichte Felder mit schlecht bezeichneten Fischernezten zu fahren. Eine Ankunft bei
    Helligkeit wäre dann in Oeiras möglich. Allerdings stimmt die Tide nicht (s.u.).
> Bei Helligkeit in Nazaré auslaufen bedeutet, in Dunkelheit in den Fluss Tejo einzulaufen. In der
   Mündung liegen Untiefen. Die Strömung beträgt rd. 3 Knoten. Daher müssen wir die Gezeiten
   berücksichtigen und mit dem auflaufenden Wasser den Tejo aufwärts nach Oeiras fahren. Mit
   Berufsschifffahrt ist zu rechnen.
> Windvorhersage: schwachwindig aus W - NW
> Wir stellen uns auf Motorfahrt ein.
> Rechnerisch benötigen wir bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 Knoten über Grund 15
   Stunden.

Der Plan
> Auslaufen aus Nazaré um 1800h
> Bei Helligkeit durch die Fischereifelder bis ein Abstand von gut 3 Meilen zur Küste und eine
   Wassertiefe von rd. 80 Metern erreicht sind.
> Nachtfahrt entlang der portugiesischen Küste mit ihren beleuchteten Küstenorten
> Bei Hellwerden Erreichen der Tejomündung
> Niedrigwasser ist dort um ca. 0620h
> Dann mit dem auflaufenden Wasser den Fluss aufwärts bis Oeiras
> Ankunft Oeiras ca. 0900h

Die Realität
Im Hafen von Nazaré packen wir nach dem Verlassen des Liegeplatzes noch alle Leinen und Fender weg und setzten das Großsegel. Am Mittwoch, dem 05.09.2018 passieren wir um 1830h die Hafeneinfahrt. Es ist kaum Wind. Bei der hohen Atlantikdünung, die am Strand neben der Hafeneinfahrt gut zu erkennen ist, soll keiner von uns mehr an Deck herumturnen müssen.


Unter Großsegel und Motor geht's dann erstmal darum, die besagten gut 3 Meilen Abstand von der Küste zu erreichen. Um 1900h haben wir den entsprechenden ersten Wegepunkt erreicht, der uns den erforderlichen Abstand sichert. Dort haben wir Wind aus NW der Stärke 4 Bft, so dass wir nach der Kursänderung parallel zur Küste auch das Vorsegel ausrollen und den Motor ausmachen können. Wider Erwarten ist herrliches Segeln in den Abend hinein möglich. Der Autopilot "Sir Henry" versieht seinen Dienst bestens.


Eine Stunde später frischt der Wind noch etwas auf, so dass wir in der Dunkelheit und in Anbetracht der kommenden Nacht das erste Reff ins Großsegel einbinden. Kurze Zeit später rollen wir das Vorsegel ein. Mehr eine Vorsichtsmaßnahme als ein dringendes Erfordernis, aber wir haben ja Zeit. So schaukeln wir mit Blick auf die beleuchtete Küste durch die Nacht. Dies verträgt Barbaras Magen leider nicht so gut, und sie füttert gegen 2200h die Fische. Danach ist sie für die nächsten Stunden außer Gefecht und sie legt sich auf die Koje im Salon. Dort kann sie gut liegen und schlafen, bis sie um 0230h am Donnerstag, dem 06.09.2018, wieder erwacht und relativ fit im Niedergang erscheint. Zwischenzeitlich habe ich immer wieder den Motor zur Unterstützung mitlaufen lassen, da der Wind sehr unstetig geworden ist. Dies hat ein extrem schlagendes Großsegel im ersten Reff zur Folge. Nervig!!! Ansonsten habe ich Ausschau gehalten, obwohl in der mangels Mondschein und wegen Bewölkung dunklen Nacht sowieso nicht viel zu sehen war. Eines ist besonders gut zu erkennen gewesen: Wenn Lichter an- und ausgehen, hat das noch lange nichts mit Signalen von Tonnen oder Leuchttürmen zu tun. Die Dünung läuft die ganze Nacht weiterhin vom Atlantik mit ca. 1,8 Metern Höhe auf die Küste zu. Fischerboote, vereinzelt beleuchtete Fischerfahnen und andere Segler verschwinden in den Wellentälern aus dem Blickfeld und tauchen auf dem Wellenkamm wieder auf und sind zu sehen. So entsteht der Eindruck von z.B. blinkenden Tonnen. Der Blick in die Seekarte oder auf den Plotter bringt allerdings die Klarheit, dass es in der Umgebung gar keine blinkenden Tonnen gibt. Fischerboote sind mit ihrer Beleuchtung gut zu erkennen. Dies wird durch das AIS-Signal auf dem Plotter dann bestätigt.

Auch in dieser Nacht werden wir von Delfinen begleitet. Besonders  eindrucksvoll ist, dass die Delfine genauso wie der Häwelmann eine fluoreszierende Leuchtspur im Wasser hinterlassen. Auch der von den Delfinen gejagte Fischschwarm ist dadurch für uns deutlich zu erkennen. Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis, welches nur bei Nacht möglich ist.

Wir runden im ersten Morgenlicht Cabo da Roco, den westlichsten Punkt des Festlands des europäischen Kontinents (38°47' N  9°30' W). Dessen Leuchtfeuer hat uns zuvor einige Stunden durch die Dunkelheit begeleitet. Wir segeln mit schwachem Wind in die Tejo-Mündung und bergen um 1010h das Großsegel, um gegen 1100h an der Festungsanlage vorbei in den dahinter liegenden Hafen von Oeiras einzulaufen.


Barbara wittert Land und schon kehren ihre Lebensgeister zurück, nur der Appetit fehlt noch.

Entgegen den Erwartungen sind wir nur 7 Stunden motort.

Nach dem Checkin bei der Marina erhalten wir einen komfortablen ruhigen Liegeplatz. Der Tag vergeht mit Schiff aufklaren und entsalzen,


Schlaf nachholen und leckerem Essen aus der Bordküche.

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