Mittwoch, 21. Oktober 2020

Von Funchal/Madeira nach San Sebastian de La Gomera

 Donnerstag, 15.10.2020, bis Samstag, 17.10.2020

Funchal - La Gomera 298,0 nm 
gesamt 2. Sabbatical 964,7 nm 
seit Start in Hamburg insgesamt 4.938,4 nm 

Da der Track nach 24 Stunden automatisch vom Tablet gelöscht wird, ist er zeichnerisch ergänzt. Gut zu sehen ist, dass wir die ganze Zeit fast Südkurs gesegelt sind.

Wie immer vor längeren Überfahrten schauen wir ab gut einer Woche vor dem geplanten Starttag, in diesem Fall bestimmt durch den Ablauf der Liegeplatzdauer in Funchal, wie die Wind-, Wellen- und sonstigen Wetterbedingungen sich entwickeln. Bei einer voraussichtlichen Reisedauer von rd. zwei Tagen wollen wir diesesmal auf eine Wetterberatung verzichten und mal schauen, ob wir das auch mit unseren Möglichkeiten gut hinbekommen. Damit wir uns die Wetterentwicklung auch unterwegs immer wieder anschauen können, haben wir am Morgen vor dem Start von der Wetterapp Screenshots im 4-Stunden-Rhythmus aufgenommen und auf dem Tablet gespeichert. Dabei wählen wir immer die Einstellung "Windböen". Auf Wellenhöhe, Wellenfrequenz sowie Regen und Gewitter schauen wir ebenfalls. Als Beispiel dient das folgende Bild über die Windböenentwicklung, welches sich von den anderen unserer Reisedauer nur wenig unterscheidet. Das heißt, wir werden insgesamt sehr stabile Bedingungen erwarten können.


Donnerstag, 15.10.2020
Gut eine Stunde vor dem Start haben Barbara und ich vorbeugend jeweils eine Lutschtablette gegen Seekrankheit genommen (Vomex A Reise, 50 mg). Diese macht nur geringfügig schlapp und sorgt dafür, dass wir gar nicht erst in einen "üblen Zustand" kommen. Ein Nachlassen der Wirkung haben wir bislang nicht bemerkt, da wir (unser Gleichgewichtssinn) dann nach einigen Segelstunden im Segelmodus angekommen sind.
Das Ablegen in der sehr engen Gasse zwischen den Pontons und den mit Mooringleinen vertäuten Booten macht sogar mir Gedanken. Daher rufen wir über VHF 09 zur Unterstützung einen Marinaangestellten herbei. Mit dessen Unterstützung klappt das Manöver gut. Nach dem üblichen Verstauen von Fendern und Leinen im Vorhafen setzen wir das Großsegel im 1. Reff und segeln hinaus auf den Atlantik. Um 1145h haben wir den Hafenbereich soweit hinter uns gelassen, dass wir das Vorsegel ausrollen und den Motor ausstellen. Uns empfängt auf dem offenen Wasser ein frischer Wind aus SE mit Bft. 4-5. Mit einem Windwinkel um 60° und mehr rauschen wir mit 7 kn und mehr durch die Wellen. Der Häwelmann liegt auf Steuerbord-Bug mit leichter Krängung um 20° ruhig und ausgeglichen in der See. Sir Henry, unser Autopilot, hat wenig zu tun. 




Selbst wenn alles an Bord gut routiniert läuft - spätestens beim Kochen des Abendessens wird es anstrengend. Ein kräftiges gern auch warmes Essen ist eine gute Basis für die kommenden Nachtschichten und deshalb unverzichtbar.


Um 2000h stecken wir das 2. Reff für die Nacht ins Großsegel. Ab 2130h macht sich das angekündigte Wetterleuchten im Westen bemerkbar. Auf unserer Wetterapp haben wir das Gewitter gesehen. Den Ankündigungen entsprechend soll dies jedoch an unserem Kurs vorbeiziehen und uns somit nicht treffen. Allerdings erreicht uns der Starkregen und nach vielen Monaten ziehe ich mir erstmals wieder Regenkleidung an. Barbara bleibt unter Deck. Nach einer Stunde ist der Spuk vorbei. Weder Gewitter noch Windböen sind bei uns angekommen. 


Die Windstärke pendelt zwischen Bft 3 und Bft 5. Barbara und ich wechseln uns während der Nacht  im 3-Stunden-Takt mit der Wache ab. Wir haben festgestellt, dass uns dieser Wechsel insgesamt ausgeruhter unser Ziel erreichen lässt. 

Freitag, 16.10.2020
Um 0230h kreuzt seit Auslaufen in Funchal der erste große Tanker unseren Kurs. Er passiert uns in ausreichendem Abstand. Insbesondere das Aussenden von AIS-Daten und der aktive Radarreflektor (Echomax) sorgen für eine gute Sichtbarkeit des Häwelmann. Danach sehen wir erst gut 30 Stunden später wieder ein Frachtschiff. Im Laufe der Nacht lassen wir immer mal wieder den Diesel laufen, da der Batteriemonitor Alarm wegen Unterspannung meldet. Insbesondere Sir Henry braucht wohl doch mehr Strom oder die Akkus haben die 11-monatige Pause an Land ohne Pflege nicht ganz schadlos überstanden. Um 0900h wechseln wir vom 2. ins 1. Reff im Großsegel.  Der Wind weht weiterhin stabil aus E bis SE und bringt uns zügig voran. Mit einem Windwinkel zwischen 60° und 90° segeln wir komfortabel, d. h. kaum schaukeln und beständige leichte Krängung zwischen 10° und 20°. Die Anzeige auf dem Plotter pendelt zwischen 5 kn und 7,5 kn. Unser Etmal beträgt 168 nm, sicherlich auch etwas durch die mitlaufende Strömung begünstigt. Zwischenzeitlich flaut der Wind auch mal etwas weiter ab, so dass wir mit ungerefftem Großsegel unterwegs sind. Wir wechseln uns im Laufe des Tages nach Lust und Laune beim Wache gehen ab und genießen die Weite des Atlantiks mit seiner unglaublichen blauen Färbung auf über 4.000 Metern Wassertiefe.


Samstag, 17.10.2020
Rechnerisch werden wir bei Sonnenaufgang zwischen Teneriffa und La Palma sein. Daher staffeln wir unsere Wachen so, dass ich um 0300h die Wache übernehme, um während der Annäherung an die Inseln wach zu sein. Dichter an den Kanaren ist mit mehr Schiffsverkehr zu rechnen und dann soll Barbara nicht allein an Deck sein. Als ich ins Cockpit komme ist am Himmel bereits der Lichtschein von den Inseln Teneriffa, La Gomera und La Palma am Horizont  zu sehen - sehr beeindruckend!. Leider ist das fotografisch mit unseren Möglichkeiten nicht festzuhalten. Der Häwelmann läuft weiterhin gute Geschwindigkeit trotz "Nachtbeseglung" mit dem 2. Reff. Stunde um Stunde kommen die Inseln näher, werden heller, erscheinen größer und trotz der Dunkelheit zeichnen sich Umrisse ab. Als um 0730h die Sonne hinter dem Teide aufgeht entstehen gigantische Lichtspiele am Himmel.





Mit weiter aufgehender aber noch niedrig stehender Sonne entsteht ein bemerkenswertes Licht- und Schattenspiel an der zerklüfteten Küste La Gomeras.

 


Erst gegen 1000h macht sich die Windabdeckung zwischen Teneriffa und La Gomera soweit bemerkbar, dass wir die Segel zusammenpacken und die letzten Meilen an der Küste bis zum Hafen unter Motor zurücklegen. Dies dauert jedoch länger als gedacht, da wir starke gegenan laufende Strömung an der Küste La Gomeras haben. Wir fahren zeitweise nur noch mit 2 kn über Grund.


So haben wir jedenfalls genügend Zeit, die schroffe Küste zu betrachten.




Nach der Anmeldung auf VHF 12 bei der San Sebastian Harbour Control zum Einholen der Einlaufgenehmigung ins Hafengebiet und anschließender Anmeldung auf VHF 09 bei der Marina La Gomera sind wir um 1130h an einem hervorragend geschützten Liegeplatz angekommen.

Wir hatten eine super Überfahrt:
> immer guten Wind aus der richtigen Richtung 
> nur 2 Motorstunden für Manöver und ein bisschen gegenan motoren wegen Strömung
> 298 nm in 48 Stunden
> gut erholt im Hafen angekommen
> Boot und Crew sind wohlauf im Zielhafen

Nun werden wir vier Wochen hierbleiben, da wir Corona bedingt weiterhin mit stark belegten Yachthäfen rechnen müssen. Daher ist es nicht leicht, einen Liegeplatz zu ergattern.

Heute wissen wir nach einem Blick in die Windvorhersage noch besser, warum es richtig gewesen ist, in Funchal abzulegen:



Nachtrag:
Der angekündigte Sturm ist ein Ausläufer des Hurricane "Epsilon", der hier als Tiefdruckgebiet "Barbara" angekommen ist. Auf den Kanaren hat es Überschwemmungen, Sturmschäden und einen von Steinen erschlagenen Menschen gegeben. Wir haben von alledem nichts bemerkt.

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